Huhu ihr Lieben,
nun ist die Blogtour auch leider schon wieder fast vorbei. Als Abschluss hab ich nochmal etwas ähnliches wie Katrin am ersten Tag, ihr erinnert euch? *klick* Katrin hatte ein alternatives Ende für euch. Ich habe nun einen alternativen Anfang für euch :) Ich habe auch noch einige andere Take-Offs, aber diesen würden den Post wohl sprengen.
Wohin der Lösungssatz zum Ende der Blogtour gehen wird, verraten Katrin und ich auf unseren Blogs am 11. Juni abends! :) Seit gespannt!
Mittlerweile gibt es übrigens die Möglichkeit Kim sowohl bei Facebook < *klick*, als auch seit kurzem auf ihrer eigenen Homepage < *klick*zu besuchen. Schaut doch mal vorbei, es lohnt sich! Auf der Homepage habt ihr z.B. auch einen Überblick über Kims aktuelle Termine. Vielleicht kommt sie ja mal zu einer Lesung zu euch in die Gegend? Außerdem kommt ihr über ihre Homepage auch zu Leseproben < *klick* von beiden Teilen, der Sternentrilogie. Hier kommt ihr übrigens auch nochmal zu meiner Rezension von Teil 1, Sternenschimmer < *klick* "Sternensturm" wird noch gelesen, deswegen ist die Rezi dazu noch nicht fertig, sie kommt aber auf jeden Fall noch!
Hier nun der alternative Anfang. Schaut ihn euch gut an, meine Frage wird sich darauf beziehen!
Der Text ist relativ lang, nicht erschrecken ;) (ich habe leider die Funktion, mit der man einen Post abkürzen kann und "weiterlesen" anklicken kann, nicht hinbekommen, deswegen ist der Text jetzt halt so lang)
Dieser ursprüngliche Anfang der Geschichte wurde gekürzt, da der Einstieg in Sternenschimmer sonst zu lang geworden wäre und weil Mia gerade in diesem Abschnitt etwas zu plauzig wirkt. Hier ist er aber noch einmal in voller Länge.
„Hey Leute! Es ist der vierzehnte März um sechs Uhr dreißig. Einen guten Morgen wünschen David Kummer und Maria Neuberg. Wir begrüßen euch mit dem Neusten vom Neuen bei Starlight, dem Sender, der immer einen Zacken früher aufsteht als die anderen. Also Leute, raus aus den Federn, denn jetzt gibt es Neuigkeiten, die euch ohnehin nicht weiter schlafen lassen. Mit einer brandheißen Meldung über die Entwicklungen auf unserem verbündeten Planeten Loduun gebe ich weiter an Maria Neuberg.“
Ich zog mein Kissen über den Kopf. Das konnte nicht sein. War die Nacht wirklich schon vorbei?
„Hallo, allen Zuhörern der Vereinten Nationen Erde.
Die angespannte Lage auf Loduun hat sich erneut zugespitzt. Weitere Anschläge haben den südlichen Teil des Planeten empfindlich getroffen. Eine ausreichende medizinische Versorgung der Zivilbevölkerung kann ohne Unterstützung der Erde nicht mehr gewährleistet werden.
Die Vereinten Nationen Erde drohen damit, jegliche Handelsbeziehungen einzustellen, und lassen ihre Bereitschaft erkennen, auch mit schärferen Maßnahmen in den Konflikt einzugreifen. Lokondra, Befehlshaber der Armee, welche die Kontrolle über die östlichen Regionen ausübt, lehnt weitere Verhandlungen bis zur Anerkennung seiner Vorherrschaft durch die südlichen Clans ab ...“
Das reißende Surren der Sendersuche drang in mein taubes Gehirn. Ich lag auf dem Bauch, während meine Hand orientierungslos über den Nachttisch wanderte. Ein Buch und meine Armbanduhr fielen krachend zu Boden, bevor ich endlich den Kanal wiedergefunden hatte.
„… Neusten Berichten zufolge haben Lokondras Truppen den Befehl, gezielt junge Bewohner und deren Einrichtungen zu attackieren. Betrachtet man die Vorgehensweise der Aggressoren, deckt sich diese mit den Aussagen einiger Bewohner Südloduuns, Lokondra verfolge das Ziel, alle Nachkommen der südlichen Clans zu vernichten und eine grundlegende ethnische Neuordnung zu etablieren. Er wolle die südlichen Clans somit nicht nur zwingen, sich zu unterwerfen, sondern sie gänzlich auslöschen ...“
„Irres Arschloch!“, brummte ich in mein Kissen.
„… Diese alarmierenden Neuigkeiten veranlassten die Vereinten Nationen Erde, unverzüglich Raumschiffe nach Loduun auszusenden, um möglichst viele minderjährige Kriegsflüchtlinge auf die Erde und somit in Sicherheit zu bringen. Das erste Schiff mit circa dreihundert Abkömmlingen wird in zwei Monaten auf der Raumstation Vulko im westlichen Teil der Region Europa eintreffen.“
„Und nun zum Wetter: Die Ozonwerte sind weit bis über die Grenzwerte gestiegen. Heute kommen wir wohl nicht umhin, die Dächer zu schließen. Also Leute, lasst euch nicht von einem diesigen Tag unter der Kuppel die Laune verderben ...“
Schon geschehen! Ich drehte mich um, drückte auf den Off-Schalter und setzte mich auf. Verschlafen streckte ich ein Bein aus dem Bett, um meinen Fuß mit unüberbotener Treffsicherheit auf den halb vollen Pizzateller vom Vortag zu stellen.
Na, das geht ja gut los, dachte ich gähnend, griff nach den Taschentüchern und putze mir dürftig die fettigen Zehen ab. Auf der Ferse humpelte ich ins Badezimmer. Hoffentlich ließ sich mein duseliger Zustand unter der Dusche ertränken.
Ich zog mein Schlafshirt aus, trat durch die Kabinentür und versteifte meine Muskeln, während ich mit der Hand über den Kaltwassersensor glitt.
Es folgte mein allmorgendlicher schockierter Ausruf, aber als ich mich endlich an das eisige Wasser gewöhnt hatte, strich es mir prickelnd über den müden Körper und belebte ihn auf zauberhafte Weise. Als dann auch meine sieben Sinne aus dem Koma erwacht waren, fühlte ich mich gestärkt für den nächsten schweren Gang bei Tagesanbruch. Fröstelnd stieg ich aus der Dusche, rubbelte mich mit einem Handtuch ab und trat vor den Zerstörer meines allmorgendlichen Friedens. Der Spiegel über dem Waschbecken war eigentlich gar nicht so groß, aber um diese Uhrzeit kam er mir riesig vor, denn er fing so ziemlich alles ein, was mir die Laune verdarb.
Von wegen Problemzonen. Ich war ein einziges Problem. Ich war zu klein. Meine Beine? Zu kurz. Und auch die Oberarme könnten schlanker sein. Und warum begrüßte mich dieser fette Pickel schon seit drei Tagen, wenn ich die rechte Hälfte meines Kinns ausversehen in mein Blickfeld miteinbezog?
Ich hätte die Pizza gestern wohl besser lassen sollen.
Zugegeben, meine Haare fand ich ganz hübsch. Kräftig fielen sie in kastanienbraunen Wellen bis über meine Schultern. Außerdem hatte mir Frank gesagt, ich hätte schöne Zähne. Aber was weiß ein Typ wie Frank schon, der selbst modisch voll hinterm Mond lebt? – Ich sage nur: Tennissocken. Weiße Tennissocken, die er unter den Sandalen immer bis zu den Waden hochzog.
Und selbst wenn, die Narbe an meinem Kinn – sie war nicht groß, aber eben da – machte sowieso alles wieder zunichte. Ich hatte sie Mirjam Weiler durch ein Hockeyspiel im Sportunterricht zu verdanken.
Kurzum, mir starrte eine Person entgegen, die nicht viel mit dem gemein hatte, wie ich eigentlich sein wollte.
Urgh, lieber nicht länger hingucken, dachte ich und wandte meinen Blick ab. Ich hing mein kurzärmliges Shirt-Kleid über dieses Wesen, das mich unverschämterweise immer weiter anglotzte und spielte, während ich mir die Zähne putzte, mit dem Gedanken, meine Visage vielleicht doch mit ein paar Produkten der Laserschminke aufzupolieren. In der Schule gingen immer mehr Leute diesem neuen Trend nach, und ich musste zugeben, dass es denen, die den Hautstraffer oder den Lippenaufpolsterer ganz vorsichtig benutzten, teilweise gut stand. Ich erwischte mich dabei, dass ich meinen Grundsätzen für einen kurzen Moment untreu wurde, aber dann stiegen auch schon Bilder von gequälten Tieren aus den Labors in meinem Kopf auf, und mit ihnen ein schlechtes Gewissen. Nein, ich würde keine Kosmetikprodukte benutzen, die nicht ausschließlich per Computer und Maschine getestet werden konnten. Also trug ich mir das gute alte Make-up auf. Nachdem ich mir eine Jeans angezogen, die Haare gebürstet und die Lippen nachgezogen hatte, wagte ich einen neuen Vorstoß. War es wirklich nötig, mit gebrochenem Selbstbewusstsein in die Schule zu gehen? Ich zog das kurze Kleid vom Spiegel, streifte es über und blickte einem wesentlich respektableren Gesicht entgegen.
„Geht doch“, sagte ich mir, nachdem ich das Kunstwerk mit ein wenig Wimperntusche abgerundet hatte. „Und alles mit Natur pur, das sollen mir die Lasertanten in der Schule erst mal nachmachen.“
In der Küche zog ich einen Stuhl an den Schrank und kletterte hinauf, um im oberen Fach nach dem Kakao zu greifen. Als ich schließlich am Tisch saß, sah ich gedankenverloren aus dem Küchenfenster und knabberte den Rand meines Toasts ab. Ich konnte gerade noch den sonnengefluteten Spalt zwischen den getönten Kuppeldächern erkennen, als ein trüber Schatten ankündigte, dass sie sich gänzlich schlossen. Schade, es hätte ein schöner sommerlicher Tag werden können, stattdessen würde sich jetzt unter den Glasdächern binnen der nächsten zwei Stunden eine drückende Hitze ausbreiten. So konnte das nichts werden mit der guten Laune, also schaltete ich erst das Licht und dann das Radio ein.
„Hey Leute! Es ist der vierzehnte März und 7 Uhr. Einen guten Morgen wünschen David Kummer und Maria Neuberg ...“
Ich stöhnte.
„… Wir begrüßen euch mit dem Neusten vom Neuen bei Starlight, dem Sender, der immer einen Zacken früher aufsteht als die anderen. Wer eben gerade erst eingeschaltet hat …
„Morgen, Mia.“
„Morgen.“
Ich fuhr gehörig zusammen, als der Garderobenständer mit lautem Knall umfiel und auf das Klavier donnerte. Dann vernahm ich ein rüdes ausgestoßenes „Scheiße“ aus dem Flur. Meine Mutter, seufzte ich still in mich hinein. Wenn sie morgens an der Küchentür vorbeischlurfte, war sie nicht minder unzurechnungsfähig als ich noch vor wenigen Minuten. Von ihr würde ich erst wieder etwas nach der kalten Dusche hören. Aber die kalte Dusche, die meine Mutter heute zu neuem Leben erweckte, kam nicht auf alltägliche Weise. Denn die Nachrichten, die dröhnend aus dem Radio bis in den Flur drangen, ließen das Rascheln der Jacken, die sie allesamt nacheinander wieder aufhob, verstummen.
„… haben Lokondras Truppen den Befehl, gezielt junge Bewohner und deren Einrichtungen zu attackieren. Betrachtet man die Vorgehensweise der Aggressoren, deckt sich diese mit den Aussagen einiger Bewohner Südloduuns, Lokondra verfolge das Ziel, alle Nachkommen der südlichen Clans zu vernichten und eine grundlegende ethnische Neuordnung zu etablieren. Er wolle die südlichen Clans somit nicht nur zwingen, sich zu unterwerfen, sondern sie gänzlich auslöschen ...“
Ein roter, zerzauster Haarschopf, ein geblümtes, weißes Nachthemd und zwei grüne Puschelhausschuhe erschienen in der Küchentür. „Lokondra hat es auf die Kinder abgesehen?“, fragte meine Mutter fassungslos.
Ich nickte, während die Nachrichten, die ich ja schon im Halbschlaf gehört hatte, mit erschreckender Wucht in mein Gedächtnis zurückschossen.
„Die Vereinten Nationen Erde haben bereits Raumschiffe nach Loduun ausgesandt, um möglichst viele von ihnen rauszuholen.“
„Das ist ja furchtbar!“ Meine Mutter setzte sich verknautscht, aber schlagartig hellwach zu mir an den Küchentisch. „Kaum zu glauben, dass so etwas Grausames gerade einmal fünf Lichtjahre von uns entfernt geschehen kann. Weißt du, wann das erste Schiff zurück sein soll?“
„In zwei Monaten“, sagte ich. „Sie landen auf Vulko.“
„Hier bei uns?“
„Ja, sie haben circa dreihundert Flüchtlinge an Bord.“
Meine Mutter schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht verstehen, warum keiner diesem Lokondra das Handwerk legt.“
Ich zog die Beine an, platzierte sie ebenfalls auf meinen Stuhl und sah über den Rand meiner Teetasse hinweg scharf zu ihr hinüber.
„Wahrscheinlich, weil die meisten Erwachsenen so denken wie du. Ihr findet es bestialisch, grauenerregend und absolut inakzeptabel, aber dabei bleibt es dann auch. Ihr tut nichts dagegen.“
Meine Mutter winkte mit einer jähen Handbewegung ab. „Ach, Mia, jetzt fang nicht schon wieder damit an. Was sollte ich denn deiner Meinung nach unternehmen? Vielleicht nach Loduun fliegen und diesen Lokondra mit dem Kochlöffel vermöbeln? Glaubst du, er würde danach auf Knien vor mir rutschen und versprechen, so etwas nie wieder zu tun?“ Sie seufzte. „Wenn es so einfach wäre, würde ich meine ablehnende Haltung gegenüber der Prügelstrafe glatt noch einmal überdenken. Aber so ist das leider nun mal nicht. Die Probleme auf Loduun sind und bleiben Sache der Politik.“
„Das ist ja genau das Problem“, erwiderte ich. „Ihr setzt brav eure Kreuzchen in den Wahlcomputer und gebt damit die Verantwortung an irgendwelche Personen ab, die ihr nur von Interviews und Punkteprogrammen her kennt. Und wozu hat das bisher geführt?“ Ich legte meinen Toast beiseite, um ihr die Fakten an den Fingern aufzuzählen. „Erstens zu dermaßen hohen Ozonwerten, dass die letzten Städte, die es überhaupt noch gibt, die meiste Zeit am Tag überkuppelt werden müssen. Zweitens dazu, dass wilde Tiere nur noch vereinzelt in Reservaten vorkommen, Vögel und letzte Fischarten einmal ausgenommen. Und drittens glauben die Menschen mit einem gesetzten Kreuzchen, ihrer Verantwortung genüge getan zu haben, während irgendein Irrer auf unserem Nachbarplaneten völlig ungehindert kleine loduunische Nachkommen umbringt!“
„Mia Wiedemann! Machs doch besser. In einem dreiviertel Jahr wirst du achtzehn, dann kannst du tun und lassen, was du willst. Ich bin gespannt, ob dir die Lösungen aller Probleme des Universums einfallen.“
Toll, jetzt war sie wieder eingeschnappt. Typisch meine Mutter. „Weißt du, was mich echt nervt? Man kann einfach nichts mit dir ausdiskutieren, ohne dass du das Thema irgendwann mit sarkastischen Kommentaren abblockst.“ Ich fuhr vom Stuhl hoch, knallte meine Tasse auf den Tisch und ging zur Tür. „Ich gehe mir die Haare föhnen!“ Wütend verließ ich die Küche.
Als ich an diesem Morgen aus dem Haus trat, wollte ich erst einmal tief durchatmen, aber da es in der Nacht geregnet hatte, füllte nur ein aufgeheizter stickiger Dunst meine Lungen. „Das ist also das Resultat eurer Politikverdrossenheit“, knurrte ich und warf einen missmutigen Blick hoch zur Glaskuppel. „Danke auch noch mal!“
Ich ging zur Haltestelle und wartete auf das Elektroschulschiff. Es dauerte nicht lange, da kam es auch schon um die Ecke geglitten. Als ich einstieg, lief die Klimaanlage bereits auf Hochtouren. Endlich konnte ich einen befreienden Atemzug nehmen. Das Schiff war fast leer, zum Glück, denn mir war jetzt wirklich nicht nach Small Talk zumute. Nur zwei weitere Schüler, die ich nicht kannte, teilten sich die Rückbank. Also ließ ich mich auf einem der vorderen Sitze nieder, stellte meine Tasche zwischen den Füßen ab und schaute aus dem Fenster.
Das Schiff vibrierte, als der Motor ansprang. Mit einem leisen Zischen schlossen sich die Türen. Obwohl die Luftstraßen vom Berufsverkehr verstopft waren, dauerte es keine Viertelstunde, bis wir die dreißig Kilometer entfernte Schule erreicht hatten.
Als ich den Gang zu den elften Klassen betrat, sah ich einen lila Haarschopf aus der Menge blitzen, der sich schnell und zielstrebig auf mich zu bewegte.
„Hi, Lena.“
„Mia, da bist du ja endlich.“
„Coole Haarfarbe“, sagte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Gefällt's dir?“ Lena grinste zufrieden. „Ich hab mal 'ne Veränderung gebraucht. – Aber was Anderes, hast du schon das mit Loduun gehört?“
„Ja! Heute Morgen in den Nachrichten.“
„Ich halt's nicht aus, tatenlos dabei zuzusehen. Wir müssen etwas tun. Findest du nicht?“
Das war meine über alles geschätzte, beste Freundin Lena. Sie verstand mich. Überglücklich schloss ich sie in die Arme. „Ich wusste, dass ich auf dich zählen kann. Was schlägst du vor?“
Während wir den Flur in Richtung Mathematiksaal entlangschlenderten, erzählte Lena mir, dass Mr O'Brian bereits mit dem Gedanken spielte, im Namen der Schule ein Hilfsprojekt zu organisieren.
„Das war ja klar, dass Mr O'Brian derjenige ist, der uns wieder zur Seite steht“, sagte ich.
„Wer sonst?“ Lena lächelte leicht verklärt, zog mich am Ärmel und beugte sich zu mir hinab, sodass ihre Lippen nahe an meinem Ohr waren. „Er ist einfach perfekt.“
„Lena! Du benimmst dich gerade wie ein peinlicher Groupie!“
„Hast du dir den Typ mal angesehen?“, verteidigte sie sich. „Und er ist politisch so korrekt“, schwärmte sie weiter. „Wir sollen aber noch nichts über das Projekt rumerzählen. Er will die Sache selbst mit uns in der Englischstunde besprechen.“
Seufzend gab ich es auf. Seit Mr O'Brian auf unserer Schule die Referendariatsstelle angetreten hatte, war ihr echt nicht mehr zu helfen. Ich betrachtete sie mit einem zärtlichen Ausdruck von Unverständnis. Auch wenn ich ihre gegenwärtigen Anbetungsallüren nicht teilen konnte, so waren es doch gerade ihre Verrücktheiten und die verdrehte Art, die ich so gern an Lena mochte. Aber dann traf mich der Inhalt ihrer letzten Worte wie eine Bowlingkugel.
„Sag mal, woher weißt du eigentlich, dass er … Hast du dich etwa mit ihm privat …“ Entsetzen ließ meine Augen größer werden. „Lena, er ist unser Lehrer!“
„Er ist Referendar“, korrigierte sie mich. „Und du musst zugeben, dass von den ohnehin wenigen Männern, die unsere Weltanschauung teilen, eine noch viel geringere Anzahl nur halbwegs so gut aussieht wie er. Wenn man es mathematisch betrachtet, liegen die Chancen, einem zweiten Mr O'Brian zu begegnen, bei weniger als null Komma zwei Prozent. Was bedeuten da schon fünf oder sechs Jahre Altersunterschied?“
Ich öffnete den Mund, als ob ich etwas erwidern wollte, aber meine Worte blieben irgendwo stecken, und ich schloss ihn wieder.
Lena zuckte vage die Schultern. „Ich möchte die Umwelt retten, nicht Nonne werden, Mia. Aber du kannst dich beruhigen. Ich hab nichts mit ihm. Noch nicht. Wir sind heute Morgen nur gemeinsam vom Lehrerparkplatz zur Schule hochgelaufen, da hat er es mir erzählt.“
Ich sah sie streng an. „Ganz zufällig wahrscheinlich.“
„Ja, wirklich. Gut, ich geb's zu, ich hab meine Tasche fallen lassen, als ich ihn kommen hab sehen.“ Sie fasste mich am Arm. „Und weißt du was? Er hat mir geholfen, die herausgerutschten Ordner wieder aufzusammeln.“
Sie verdrehte schwärmerisch die Augen. Ich rollte meine.
Wir setzten uns in die letzte Reihe und zogen die Mathematikbücher hervor.
„Lass bloß die Finger von dem“, flüsterte ich. „Wenn das rauskäme, würdet ihr beide von der Schule fliegen.
„Pst! Nicht jetzt, Mia. Lass uns das später klären.“
Mit derartigen Neuigkeiten im Hinterkopf fiel es mir ungleich schwerer, mich auf den Matheunterricht zu konzentrieren. Dr. Henkes monotone Stimme wirkte auf mich ohnehin jedes Mal wie eine Schlaftablette. Heute musste ich mich ganz besonders anstrengen, seinen Ausführungen in den Themenbereichen der Analysis zu folgen. Aber es half nichts, meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Das erste Flüchtlingsschiff war auf dem Weg zur Erde, und meine beste Freundin schmiss sich an unseren Referendar ran. Wie sollte ich mich da auf Mathe konzentrieren!
Dr. Henke war glücklicherweise so sehr in seine Sinuskurven vertieft, dass er meine Teilnahmslosigkeit gar nicht bemerkte. Seinem verklärten Ich-bin-total-In-Mathe-Verliebt-Blick nach zu urteilen, nahm er wahrscheinlich niemanden um sich herum wahr, genau wie ich.
Als es klingelte, schreckte ich auf. „Was? Schon so spät?“
Lena verdrehte die Augen. „Und?“, fragte sie. „Gehst du mit einer skrupellosen Verführerin noch zum Englischunterricht?“
Ich zögerte spaßeshalber, aber dann stieß ich sie mit der Hüfte an. „Blöde Frage“, sagte ich.
Quatschend gingen wir den Gang hinab. Bis Lena plötzlich stehen blieb und entsetzt die Hände auf den Mund schlug. „Oh Gott. Mirjam Weiler hat die Kontrolle über ihr Laser-Schminkset verloren. Sie sieht ja aus wie ein aufgeblasenes Gummihuhn mit zwei dicken Regenwürmern im Schnabel.“
Ich folgte ihrem Blick. Doch da ich fast einen ganzen Kopf kleiner war als sie, dauerte es noch eine Weile, bis ich die herbeinahende Katastrophe selbst sah. In der Tat, Lena hatte nicht übertrieben.
Mirjam Weiler, das Gummihuhn mit dem Hockeyschläger. Ihr Vater war Leiter eines Versuchslabors für Laser-Schminketechnologie. Dass Mirjam jeden neuen Schrott, der auf den Markt kam, ausprobierte, schien ihn nicht zu stören. Doch mich erschreckte es jedes Mal aufs Neue. Was hatte sie vor? Wollte Mirjam mich noch bis an mein Lebensende mit Schockerlebnissen bombardieren?
„Lena! Mia! Kommt ihr bitte.“
Das war Mr O'Brian. Er stand lächelnd in der Tür der Englischklasse. „Ich würde gern anfangen.“
„Wir sind schon da.“ Lena fasste mich an der Jacke und zog mich in den Klassenraum.
Als wir alle Platz genommen und die Taschen verstaut hatten, setzte sich Mr O'Brian auf die Kante des Lehrerpults, strich lässig mit einer Hand durch sein haselnussbraunes Haar und begrüßte uns mit einem weiteren Lächeln. Er war nicht groß oder breitschultrig, aber er hatte etwas Schnittiges, da musste ich Lena recht geben.
„Mein Gott, er ist so süß“, seufzte Lena leise.
„Pst“, sagte ich.
„Also Leute“, begann er. „Ihr habt sicherlich schon von den neusten Geschehnissen auf Loduun gehört. Ein Flüchtlingsschiff ist bereits unterwegs zur Raumstation Vulko. Das heißt, dass hier in zwei Monaten dreihundert elternlose Kinder eintreffen werden.“
„Sie meinen: Abkömmlinge“, warf Mirjams Freundin Vicci ein. „So werden sie zumindest in den Medien beschrieben.“
Mr O'Brian bedachte sie mit einem freundlichen, nachsichtigen Blick, hinter dem aber etwas anderes lag. „Nein, Vicci“, sagte er. „Wenn ich Kinder sage, dann meine ich es auch so.“
„Was genau kommt da auf uns zu?“, kam es aus einer der hinteren Reihen.
„Wir haben zwar Sachstandsberichte über die Entwicklung auf Loduun erhalten“, sagte Mr O'Brian, „dennoch müssen wir uns darauf gefasst machen, dass wir alle keine wahre Vorstellung davon haben, welches Leid der südlichen Bevölkerung wirklich angetan wurde, oder besser gesagt: immer noch wird. Eine gute Freundin von mir, ihr Name ist Tanja Moscinski, leitet das Sozialprojekt “Flüchtlingshilfe für Loduun“. Diese Organisation bereitet sich zwar schon seit einigen Wochen auf eine Flüchtlingsschwemme vor, hat aber, wie wir alle, das Ausmaß der Katastrophe völlig verkannt. Tanja sagt, dass sie wahrscheinlich noch ausreichend Gebäude anmieten kann, um die Flüchtlinge unterzubringen, aber viel zu wenige Mitarbeiter hat, um sie bedarfsgerecht zu betreuen – gerade im Hinblick darauf, dass es sich hierbei größtenteils um Kinder unter zwölf Jahren handelt.“
Mirjam meldete sich zu Wort. „Warum stellt sie nicht einfach noch ein paar Sozialfuzzis ein?“
Mr O'Brians Antwort war schlicht und direkt. „Weil es nicht genügend gibt. In unserer friedlichen Gesellschaft hat es während der letzten Jahrzehnte nur einen geringen Bedarf an Sozialarbeitern gegeben. Wo sollen sie also jetzt herkommen?“ Mit diesen Worten wandte er sich wieder an uns alle. „Die Organisation ist daher auf unsere Hilfe angewiesen. Sie benötigt Freiwillige, die nachmittags in den Flüchtlingsheimen aushelfen.“
Lenas Finger schnellte in die Höhe. „Also, ich bin dabei“, sagte sie entschlossen.
Mr O'Brian quittierte ihr Engagement mit einem Lächeln. „Das hatte ich gehofft.“ Oh nein, das würde mich den ganzen Tag kosten, um Lena wieder einigermaßen in die Spur zu bringen.
Nach und nach hoben sich noch ein paar weitere Hände. Ich meldete mich ebenfalls. Insgesamt waren wir acht Leute, die nach Schulschluss in einem der Heime aushelfen wollten.
„Kann man sich das auch erst mal ansehen?“, fragte eine zögerliche Stimme.
Natürlich! Frank Bayer, unser intellektuell völlig abgehobener Skeptiker im Sandalen-Tennissocken-Look. Ein übertriebener Sicherheitsfanatiker, der im Grunde genommen aber ein gutes Herz hatte. Außerdem fand er, ich hätte schöne Zähne.
„Ja, das ist möglich“, meinte Mr O'Brian. „Das solltet ihr im Übrigen alle tun. Es ist keine Schande, sich einzugestehen, dass man etwas nicht kann. Aber es wäre schlimm, wenn ihr tätet, was euch nicht liegt. Das hilft niemandem und am allerwenigsten denen, für die ihr es tut.“ Er schlug abschließend mit einer Hand auf sein Bein und stand auf. „Also, alle, die interessiert sind, treffen sich nächste Woche Mittwoch nach Schulschluss in der Cafeteria. Tanja Moscinski wird ebenfalls da sein, um den möglichen freiwilligen Helfern von ihren Aufgaben zu erzählen.“
Mit diesen Worten ging er zur Besprechung der gestrigen Hausaufgaben über.
Nun meine Frage zu dem Text:
Worein tritt Mia nach dem Aufstehen "mit unüberbotener Treffsicherheit"?
Zudem würde ich gerne von euch wissen, was euch an "Sternenschimmer" (Band 1) besonders gut gefallen hat, oder falls ihr es noch nicht gelesen habt (nachholen!!!), was euch so an dem Buch reizt.
Schickt mir die Antwort bis spätestens 10.Juni.2012, 23:59 Uhr (sry, hier gab es einen Schreibfehler) an caro.meike@googlemail.com mit dem Betreff : Lösung Sternensturm Blogtour.
Zu gewinnen gibt es 5 signierte Exemplare von Sternensturm!
Als "Gegenleistung" erhaltet ihr von mir ein Lösungswort, welches zu den restlichen passt, die ihr bisher bekommen habt. Am 11. Juni werde ich euch mitteilen, wohin ihr den Lösungssatz schicken sollt, danach werden dann die Gewinner ausgelost!!
Achtung:
Bei mir gibt es die Chance drei Lose zu sammeln!!! Alle, die heute teilnehmen, erhalten noch zwei weitere Lose in die Lostrommel, denn sie bekommen noch ein Zusatzwort von mir! Wie im Lotto, die Zusatzzahl! ;) Sprich, alle die heute teilnehmen und am Ende den richtigen Lösungssatz & das richtige Lösungswort einschicken, erhalten drei Lose insgesamt!