Titel: Stella
Autor: Takis Würger
Verlag: Hanser
Seitenzahl: 224
ISBN: 978-3-446-25993-5
Preis: 22,00 €
Einbindungsart: Hardcover
(c) Hanser |
Friedrich hat davon gehört. Bisher sind es nur Gerüchte, doch Friedrich ist fest entschlossen diese zu überprüfen. Zu überprüfen, ob es wirklich Möbeltransporter gibt, die die Juden abholen und weg bringen. Und so fährt er kurzerhand nach Berlin. Als er dort die junge, freiheitsliebende Kristin kennenlernt, scheint er sogar noch die Liebe in Berlin zu finden. Doch irgendetwas verbirgt Kristin und als sie eines Tages mit der Wahrheit heraus rückt, weiß Friedrich nicht, ob er damit leben kann.
Meine Meinung:
Schlechte Presse ist gute Presse, oder wie heißt es so schön? Es gibt wohl kaum jemanden (der sich für Bücher interessiert), dem noch nicht die Diskussionen um Takis Würgers neuen Roman "Stella" zu Ohren gekommen sind. Denn das Buch erzählt von einer Frau, die es wirklich gab und die bis heute höchst umstritten ist - zu Recht, wie ich finde.
Wie man am Titel schon erkennen kann, geht es in dem Buch um Stella Goldschlag, eine Jüdin, die verdeckt für die Gestapo andere Juden jagt. Zwar vordergründig um das Leben ihrer Eltern zu retten, doch macht dies ihre Taten kaum weniger schrecklich, zumal sie damit weiter machte, als ihre Eltern längst ermordet worden waren.
Diese Frau hat sich Takis Würger nun vorgenommen und trotz der vielen Presse, oder vielleicht auch gerade deswegen, war ich sehr gespannt auf die Geschichte und was mich erwarten würde. Ich las kurz vorher im Internet noch ein bisschen etwas über Goldschlag, um zu wissen, warum genau das Buch von Würger so umstritten ist.
Die Geschichte selbst ist fiktiv, mit einer realen Protagonistin und realen Aktenauszügen von Gerichtsverhandlungen, über Zeitzeugenberichte und die Taten, die Stella Goldschlag begangen hat. Da ich das Buch im Rahmen einer Leserunde gelesen habe, habe ich es in Abschnitten gelesen und muss sagen, dass ich den ersten Abschnitt, also den Beginn der Geschichte ganz in Ordnung, aber noch wenig spektatkulär fand. Man lernt Friedrich und seine Umgebung kennen, Goldschlag spielt noch keine größere Rolle. Erst als die Geschichte immer mehr voran schritt, kommt Stella ins Spiel, wobei ich fand, dass die Geschichte immer langamtmiger wurde, da kaum etwas passiert. Als Leser bekommt man lediglich mit, wie sich Friedrich regelrecht wie ein Schoßhündchen von Stella verhält und alles für sie tun würde. Eigene Meinung und Charakterstärke - Fehlanzeige. Dies fand ich dann schon etwas anstrengend und schwer zu lesen.
Allerdings nimmt die Geschichte irgendwann dann doch auch wieder an Fahrt auf und die Tatsache, dass es um eine reale Person ging, fand ich dann doch recht fesselnd. Ich hoffte noch etwas mehr über ihr Leben zu erfahren, wurde aber leider enttäuscht, was das anging. Lediglich im Nachgang erfährt man noch ein paar historische Details zur Person "Stella Goldschlag". Während der Geschichte bleibt sie seltsam blass, auch wenn sie eigentlich der dominierende Charakter ist.
Trotzdem fand ich den Schreibstil des Autors wirklich gut. Er beschreibt präzise und klar, was er erzählen möchte und an keiner Stelle hatte ich den Eindruck, dass er ausschweifend wird, oder mehr Worte benutzt, als er eigentlich sollte. Takis Würger versteht es mit Sprache umzugehen und wählt hier eine sehr klar, einfache Sprache, die die Geschichte genau auf den Punkt bringen. Zudem fand ich die realen Gerichtsakten sehr gut für die Geschichte. Auch diese sind umstritten, wie ich mitbekommen habe, denn es werden die echten Namen der Opfer genannt. Allerdings kann ich daran nichts verwerfliches finden, ehrt es doch und erinnert es auch ein stückweit an die Opfer. Außerdem tragen die Gerichtsakten auch dazu bei, dass die Geschichte realer und greifbarer wird und so einen ganz besonderen Charakter bekommt.
Was ich ebenfalls gerne mochte waren die Anfänge jedes neuen, sagen wir Kapitels. Denn eigentlich ist das Buch nicht in klassische Kapitel eingeteilt. Man merkt aber an der Aufmachung, wann ein neuer Abschnitt beginnt. Jeder dieser Abschnitte beginnt mit einem Datum und historischen Informationen zu genau dieser Zeit und was in diesem Jahr geschah. Dies fand ich sehr interessant und gelungen.
Alles in allem stehe ich dem Buch nicht so kritisch gegenüber, wie viele andere. Die Frage, "Darf man ein Buch über einen Menschen, wie Stella Goldschlag schreiben, darf man so jemandem eine Bühne geben, ihn zum Protagonisten einer fiktiven Erzählung machen", kann ich mit ja beantworten. Denn mich hat dieser Roman auch ein stückweit aufgerüttelt und das Bedürfnis geweckt, mehr über die Zeit und Stella Goldschlag zu erfahren. Denn bei allem bleibt die Frage nach den Beweggründen, die Goldschlag zu ihren so schrecklichen Handlungen trieben. Und dies ist nun auch der einzige bzw. der größte Kritikpunkt an dieser Geschichte. Ich hätte einfach gerne mehr über die Person Stella erfahren. Für einen tragendenden Charakter bleibt sie mir etwas zu blass. Ansonsten finde ich das Buch durchaus gelungen und auch wenn es die ein oder andere langatmige Stelle hat, so fand ich es im Großen und Ganzen doch recht kurzweilig und habe es gerne gelesen.
Fazit:
Ein Buch, welches die Gemüter spaltet, mir aber gut gefallen hat. Die Person Stella bleibt leider etwas blass, dafür mag ich den Schreibstil des Autors sehr gerne und auch die Art, wie er über die Nazi-Zeit erzählt, ist gelungen und schafft erneut ein Bewusstsein für dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte.
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